Kategorie-Archiv: Taktsinn II

Zusammenfassung Taktsinn II

Nachdem es im ersten Taktsinn Dinner zum Nicht-Visuellen einen starren Wechsel zwischen Essen und Vorträgen gab, sollten beim zweiten Taktsinn Dinner das Essen und Sprechen über ein Thema (Erinnerung) stärker zusammenfallen. Das Essen selbst und die damit verbundenen sinnlichen Wahrnehmungen wurden stärker fokussiert und in diesem Prozess nach den verbundenen Erinnerungen gefragt.

Dabei wurde deutlich, dass weniger beim Essen selbst Erinnerungen hervorgerufen wurden als vielmehr beim Zubereiten und Sprechen über diese Erinnerungen. Einige Nudelsoßen wurden an diesem Abend ihres Zaubers der Erinnerung beraubt – zumindest was den Geschmack betrifft. Die Vermittlung der Besonderheit  der einzelnen Soßen geschah vor allem über die beim Füttern erzählten Geschichten und weniger über das Schmecken selbst. Dabei ist das sinnliche aber nicht vom sozialen Erleben zu trennen.

Dabei funktionierten sowohl das gemeinsame Kochen der Gemüsesuppe als auch die Situation des Essens als logisches Setting, um eine Diskussion in Gang zu bringen. Im Abschlussgespräch wurde dabei deutlich, dass die Lebensmittel und Gerichte einerseits aber auch ihre spezifische Zubereitung andererseits immer auf Handlungen, Situationen und Diskurse außerhalb der aktuellen Koch- und Ess-Situation verweisen und dies nicht außer Acht gelassen werden darf.

In den Ess-Experimenten (in der Gruppe schweigend essen, sich gegenseitig Füttern) zeigten sich unterschiedliche Dinge: Zum einen wurde die erhoffte geschärfte Wahrnehmung des Essens nicht erreicht, da die künstliche oder auch als unangenehm empfundene Handlung dieses “Sich-Einfühlen” eher überlagerte. Zum anderen zeigten sich vor allem beim gegenseitigen Füttern die Tabus und Grenzen des gemeinsamen Essens. So stellen der eigene Tellerrand und die Autonomie über Ess-Geschwindigkeit und Komposition der einzelnen Bissen einen wichtigen Aspekt dar.

Funktionierte das gemeinsame Kochen und die Verständigung über die Größe der einzelnen Gemüsestückchen sowie das Würzen in der neutralen Mietküche noch relativ problemlos, so stellte sich abschließend die eigene Küche als Ort von Autorschaft und Herrschaft heraus, in der zwar gemeinsam gegessen aber weniger gerne gemeinsam gekocht wird.